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Gekommen, um zu bleiben: Nachhaltigkeit wird Schlüsselfaktor für Kaufentscheidungen
In Zeiten, in denen die Verantwortung für unsere Umwelt immer stärker in den Vordergrund rückt und Verbraucher zunehmend nachhaltige Entscheidungen treffen möchten, wird Nachhaltigkeit im Dialogmarketing zu einem entscheidenden Faktor für den Erfolg von Unternehmen. Doch was bedeutet Nachhaltigkeit im Kontext des Dialogmarketings wirklich? Und wie können Unternehmen nachhaltige Praktiken implementieren, die sowohl die Umwelt schonen als auch ihre Geschäftsziele unterstützen?
Um diese Fragen zu klären, haben wir mit Martina Scherer gesprochen. Sie ist Head of Sustainability bei 1&1 Mail & Media Applications SE mit den Marken WEB.DE und GMX. Wir wollen wissen, wie Unternehmen durch nachhaltiges Dialogmarketing nicht nur ihre Umweltbilanz verbessern, sondern auch langfristige Kundenbeziehungen aufbauen und ihre Markenreputation stärken können.
DDV: Warum ist Nachhaltigkeit in der Digitalbranche ein großes Thema?
Martina Scherer: In der Digitalindustrie spielen der Energieverbrauch und damit die Emissionen der Rechenzentren eine große Rolle, ebenso wie der entstehende Elektroschrott. Neben diesen ökologischen Effekten muss die Branche auch den Einfluss der digitalen Produkte auf die Gesellschaft beachten. Stichwort: Corporate Digital Responsibility. Hierzu zählen ein verantwortungsvoller Umgang mit Daten ebenso wie eine transparente mediale Berichterstattung. Ein Beispiel ist die Redaktion von WEB.DE und GMX, die für ihren Transparenzbereich auf der Redaktionsseite im Oktober 2023 mit dem ersten Nachhaltigkeitspreis Medien Bayern ausgezeichnet wurde, der von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien initiiert wurde.
DDV: Bei den DDV Future Days sprechen Sie über digitale Lieferketten und langfristige Strategien. Was hat es damit auf sich?
Martina Scherer: Die digitale Lieferkette reicht von den Servern, auf denen unsere Angebote gehostet werden, bis hin zum Endgerät, auf dem unsere Kundinnen und Kunden WEB.DE und GMX aufrufen. Dazwischen liegt eine weitere Lieferkette, und zwar die für programmatische Online-Werbung. Hier kann es vorkommen, dass eine lange Kette von Servern aufgerufen wird, bevor ein Werbemittel angezeigt wird – das verursacht Emissionen.
DDV: …das dürfte den Nutzerinnen und Nutzern zunächst egal sein…
Martina Scherer: Das täuscht, hier findet derzeit ein Umdenken statt – nicht nur bei den Nutzerinnen und Nutzern, sondern auch in der Industrie. Als E-Mail-Provider und Vermarkter nehmen wir ein gestiegenes Interesse der Werbetreibenden an der Nachhaltigkeit in der digitalen Lieferkette wahr. Deshalb ist es konsequent, dass wir mit dem Anbieter Scope3 zusammenarbeiten, einem Spezialisten aus den USA für die Optimierung des Bereichs Programmtic Advertising. Damit gewinnen wir noch mehr Transparenz über unsere digitale Lieferkette und können die Emissionen weiter reduzieren. So werden wir beispielsweise künftig nur noch mit Partnern zusammenarbeiten, die 100 Prozent erneuerbare Energien für den Betrieb ihrer Rechenzentren einsetzen.
DDV: Kann eine E-Mail denn nachhaltig sein?
Martina Scherer: Ja, wenn die Rechenzentren energieeffizient und ressourcensparend betrieben werden. Das geht: Unsere Rechenzentren nutzen beispielsweise seit 2018 Ökostrom und sind nach dem ISO Standard 50001 zertifiziert. Seit 2017 hat sich unser Datenvolumen verdreifacht. Durch innovative Cloud-Lösungen konnten wir die dafür benötigte Server-Hardware sogar reduzieren. Auch bei der Hardware gilt das Prinzip der Kreislaufwirtschaft: Reduce – Reuse – Recycle. Vor einem Austausch vergleichen wir den Ressourcenaufwand der Herstellung mit der möglichen Energieeinsparung. Gebrauchte Hardware übergeben wir an das Inklusionsunternehmen AfB, einen Refurbishment-Spezialisten. Verantwortungsvolles Recycling ist der letzte Schritt, wenn keine Aufbereitung möglich ist. Nachhaltigkeit ist mehr als Emissionen – ein ganzheitlicher Blick auf Umwelt und Gesellschaft ist wichtig.
DDV: Klingt spannend, wie gut ist die Digitalbranche auf die Thematik vorbereitet und welche Trends oder Technologien sehen Sie als zukunftsweisend an?
Martina Scherer: Die aktuelle Ausgabe der Studienreihe “Digital Dialog Insights” der Stuttgarter Hochschule der Medien im Auftrag von United Internet Media hat sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und deren Auswirkungen auf die Zukunft von Unternehmen befasst. Hierzu wurden 114 Marketing-Fachleute aus Produktion, Handel und Dienstleistungssektoren befragt. Die Studie kam zu einem zukunftsweisenden Ergebnis: 81 Prozent prognostizieren, dass die Investitionen in Nachhaltigkeit deutlich ausgebaut werden. Im Dialogmarketing wird Unternehmensnachhaltigkeit zum Schlüsselfaktor für zukünftige Kaufentscheidungen werden: 71 Prozent der Befragten halten bereits heute Nachhaltigkeit für entscheidend, um Kundinnen und Kunden zu gewinnen sowie neue Partnerschaften und Investments abzuschließen. Die wachsende Digitalisierung sowie der Einsatz von KI für personalisierte Inhalte und Datenanalyse bieten Chancen für effizientes Dialogmarketing, ohne Ressourcen zu verschwenden. Auch in der Bekämpfung von Hacker-Angriffen und Spam spielt KI eine zentrale Rolle.
In Bezug auf digitale Innovation und Nachhaltigkeit besteht generell viel Potenzial. Technologische Fortschritte wie KI und Big Data können dazu beitragen, Ressourcen effizienter zu nutzen. Beispielsweise können intelligente Systeme den Energieverbrauch von Rechenzentren ebenso wie Lieferketten optimieren. Ebenso wichtig in Hinblick auf Umweltfreundlichkeit sind nachhaltige Materialien und eine intelligente Prozesssteuerung in der Herstellung von Computerchips oder Rechnern. Dafür müssen Unternehmen mitunter investieren.
DDV: Was empfehlen Sie Unternehmen, die in dem Bereich investieren wollen?
Martina Scherer: Ich empfehle, ein strukturiertes Nachhaltigkeitsmanagement inklusive einer fundierten Nachhaltigkeitsstrategie aufzubauen und dabei langfristig zu denken. So zahlen sich beispielsweise ein frühzeitiger Umstieg auf erneuerbare Energien sowie das Aufsetzen stromsparender Prozesse aus. Gleichzeitig werden Unternehmen damit unabhängiger von steigenden Strompreisen und von fossilen Energieträgern. Zudem rate ich zur Kalkulation des Corporate Carbon Footprint. So erlangen Unternehmen Insights zu den Emissionen im eigenen Unternehmen und können daraus eine Klimastrategie entwickeln.
DDV: Hinzukommen knallharte rechtliche Verpflichtungen: Spätestens mit dem ESG-Reporting kommen neue Herausforderungen auf die Lieferkette zu. Wie bereiten Sie sich und Ihre Lieferkette vor?
Martina Scherer: Wir übernehmen Verantwortung – und das erwarten wir auch von allen, mit denen wir zusammenarbeiten. Das wird mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wohl auch verpflichtend. Unser Geschäftspartnerkodex verpflichtet zudem unsere Partner zur Einhaltung von ethischen Grundsätzen und Arbeitsnormen. Dazu gehören der Verzicht auf Kinderarbeit und die Schaffung eines sicheren Arbeitsumfelds, das frei ist von psychischer, physischer, sexueller oder verbaler Misshandlung, Einschüchterung, Bedrohung oder Belästigung.
DDV: Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Boris von Nagy.
Mehr von Martina Scherer und über Nachhaltigkeit in digitalen Lieferketten erfahren Sie bei den DDV Future Days am 13./14. März 2024 in Frankfurt. Zur Anmeldung gelangen Sie über die nachfolgenden Links.
Programm der DDV Future Days 2024
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Anmeldung zur KC-Sitzung Advertise, Create, Channels & Technology
Anmeldung zur Mitgliederversammlung
Anmeldung zur DDV Campus Invasion
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